Ein Wiedersehen im Schloss mit ... Dr. Stefan Weiler

Stefan Weiler studierte von 1991 bis 1994 Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Mannheim. Im Jahr 1998 beendete er seine Promotion bei Prof. Dr. Margot Berghaus und Prof. Dr. Jochen Hörisch.


FORUM: Welche berufliche Position haben Sie momentan inne?
Weiler:
Ich bin seit 2006 Geschäftsführer der im Innenministerium angesiedelten Multimediainitiative der Landesregierung Rheinland- Pfalz, die über einen eigenständigen Etat verfügt und unter anderem Netzwerke mit mehr als 300 Partnern unterhält; darunter das ITForum Rhein-Neckar, Hochschulen, Unternehmen und Verwaltungen. Eine spannende Querschnittaufgabe, die mich die Welten der Verwaltung, des bürgerschaftlichen Engagements, der Wissenschaft und der Wirtschaft miteinander verbinden lässt. So beschäftigen mich beispielsweise Themen, die sich durch den demographischen Wandel und die Medien eröffnen: Seniorinnen und Senioren, die den Umgang mit Tablet-PCs und Apps lernen wollen, wobei es an flächendeckend arbeitenden Organisationen fehlt, die Medienkompetenzen vermitteln können. Auch der ganze Komplex „Industry 4.0“, der Wandel der Industrieproduktion, ausgelöst und ermöglicht durch das Internet der Dinge, ist ein Zukunftsthema. Hier gilt es noch viele Projekt-Schätze zu heben.

FORUM: Was waren die wichtigsten Meilensteine Ihrer beruflichen Karriere?
Weiler:
Nach der Promotion, Ende 1998 in der Hochzeit der New Economy, entschloss ich mich mit Partnern in Berlin ein Unternehmen namens „Kindercampus“ zu gründen. Ich hatte dazu vielfältige Vorerfahrungen beim ZDF, bei RTL und in etlichen anderen Projekten gesammelt. 2001 schlug die sogenannte „Old Economy“ zurück und unser Unternehmen mit mehr als 40 Mitarbeitern – zunehmend als Dienstleister für Unternehmen wie Mercedes und Die Bahn tätig – musste sich neu aufstellen. Heute arbeiten immer noch mehr als 30 Mitarbeiter in Berlin mit inzwischen fünf Spin-Off-Unternehmen. Um den Beruf mit einem gesunden Familienleben verbinden zu können, wechselte ich im November 2001 zur Geburt meines Sohnes nach Mainz in die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz. Meine Aufgabe ist es, „Neue Medien“ und „New Economy“ dort in alle Fachbereiche einzubringen. Dabei ging es damals wie heute um die Entwicklung einer Gesamtstrategie, um den Wandel durch neue Medientechnologien zu begleiten.

FORUM: Welche Bedeutung hatte Ihre Studienzeit an der Universität Mannheim für Sie aus heutiger Sicht?
Weiler:
Studienzeit in Mannheim war eine sehr schöne Zeit. In meinem Studiengang wurden alle Wirkungsbereiche der Psychologie abgedeckt und ich habe während des Studiums vieles gelernt, was für meine spätere Selbstständigkeit von großem Nutzen war. Wir hatten viele Freiheiten und mussten unser Studium – anders als heute – selbst organisieren. Diese Mischung aus Arbeit und Freiheit hat mir sehr gut gefallen. Seit 2009 habe ich einen Lehrauftrag an der Hochschule für Technik in Stuttgart und darf dort meine Erfahrungen an Studierende weitergeben.

FORUM: Welche Bedeutung hatte Ihre Studienzeit an der Universität Mannheim für Sie aus heutiger Sicht?
Weiler:
In Mannheim habe ich die Gelegenheit erhalten, mich zu entfalten und vieles auszuprobieren, zum Beispiel Statistik bei den Soziologen, ein bisschen VWL, Pädagogik und Germanistik. Ich hatte auch gute Kontakte zu den Betriebswirten. Einige Freundschaften halten bis heute, wie etwa zum Patenonkel meines Sohnes, der jetzt Professor in Zypern ist. Darüber hinaus verdanke ich der Universität Mannheim vieles. Über ein einjähriges DAAD-Austauschprogramm mit der Johns Hopkins University hatte ich die Gelegenheit, dort einen Master zu machen. Gerade die Zeit in den USA an einer so renommierten Universität wie Johns Hopkins hat mich sehr geprägt - vielleicht sogar mein Interesse für eine Tätigkeit an der Schnittstelle von Wirtschaft, Forschung und Politik entfacht. Auch danach habe ich mich an der Mannheimer Uni immer sehr gut aufgehoben gefühlt, was das Lehrumfeld sowie die Gesamtatmosphäre anging. Mit Unterstützung des Graduierten-Programms konnte ich promovieren. Am Lehrstuhl von Margot Berghaus bekam ich die Gelegenheit mit ZDF, RTL, Hörfunksendern und Tageszeitungen interdisziplinär zusammen zu arbeiten. Damit wurden eigentlich die wesentlichen Grundlagen für meine berufliche Laufbahn gelegt.

FORUM: Welches Ereignis Ihrer Studienzeit ist Ihnen in besonders guter Erinnerung geblieben?
Weiler:
Das Zusammentreffen mit meinen späteren Doktor-Eltern: Herr Hörisch, der so klug und eloquent ermutigen und inspirieren kann und Frau Berghaus, die so viel Energie, Hingabe und Spaß vermittelt. Und die vielen Inspirationen des multidisziplinären Studienganges Medien- und Kommunikationswissenschaft. Die Aufgeschlossenheit und das Spannungsfeld zwischen der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung und den geisteswissenschaftlichen Fächern an der Uni Mannheim, die ich dort kennengelernt habe, finde ich heute noch fruchtbar.

FORUM: Netzwerke werden heutzutage im beruflichen und privaten Bereich immer wichtiger. Welche Bedeutung hatten und haben Netzwerke in Ihrem Leben?
Weiler:
In der Vergangenheit spielten Netzwerke leider noch nicht so eine große Rolle. Aus diesem Grund musste ich manchmal längere Wege gehen als notwendig. Heute nutze ich Kontakte und Netzwerke für Projekte, für Maßnahmen, zur Ideenfindung, für Stellenbesetzungen und zum Kennenlernen neuer Kontakte. In Mainz haben wir gerade ein Start-Up-Netzwerk für junge Gründer neu eröffnet. Wir bieten dort neben viel unternehmerischer Erfahrung im Medien- und IT-Umfeld auch Räumlichkeiten, Beratungen und viele Kontakte an.

FORUM: Was würden Sie heutigen Studierenden Ihrer Fachrichtung raten, um beruflichen Erfolg zu haben? Sollten Netzwerke dabei eine Rolle spielen?
Weiler:
Unbedingt. Selbstverständlich ist ein abgeschlossenes Studium die Grundlage, aber der Aufbau eines eigenen Netzwerks und von Kontakten ist wichtig, um Zugänge und Informationen zu erhalten. Dabei sollten alle Netzwerkoptionen genutzt und vor allem gut gepflegt werden, sowohl die social networks, als auch die realen Netzwerke zu Unternehmen und zur Wissenschaft. Dies rate ich den Studierenden aller Fächer. Im Übrigen wüsste ich überhaupt nicht, was meine Fachrichtung genau wäre. Ich bin zwar Kommunikationswissenschaftler, aber interdisziplinär aufgestellt und sehr neugierig.

FORUM: Fühlen Sie sich Ihrer Alma Mater noch verbunden?
Weiler:
Sehr – auch wenn ich zuletzt an der Uni Kaiserslautern gelehrt habe. Ich bin auch wissenschaftlich immer noch interessiert. Außerdem habe ich während der Studienzeit meine Frau kennen gelernt.

FORUM: Was schätzen Sie besonders an Ihrer Mitgliedschaft bei ABSOLVENTUM MANNHEIM?
Weiler:
Die Netzwerktätigkeit und die vielfältigen Aktivitäten. Seit kurzem bin ich auch im Mentoring-Programm aktiv und unterstütze eine sehr begabte junge Doktorandin. So eine Mentorenaufgabe ist keine Einbahnstraße von Mentor zu Mentee, sondern durchaus auch umgekehrt interessant, was neue Blickwinkel und Know-How angeht. Ich kann zum einen viele meiner Erfahrungen und Einschätzungen fachlich wie persönlich weitergeben und meiner Mentee so manchen sinnlosen Kampf gegen Windmühlen ersparen. Zum anderen lerne ich aber auch selbst wieder mehr kämpfen zu wollen und nicht zu früh aufzugeben. Das ABSOLVENTUM Mentoring-Programm ist eine große Bereicherung – ich kann nur empfehlen, sich dort zu engagieren.

Interview: Christian Haas | Foto: Nikolai Huland | August 2013