Ein Wiedersehen im Schloss mit ... Valentin Altenburg
Zu Beginn seines Studiums hatte Valentin Altenburg das Ziel, der schnellste BWL-Student zu werden, den die Universität Mannheim je gesehen hat. Geklappt hat das nicht. Dafür ist er im vergangenen Jahr mit 34 zum jüngsten Bundestrainer der deutschen Hockeygeschichte ernannt worden. Juliane Koch von ABSOLVENTUM war dabei, als er die Nationalmannschaft in Mannheim für Olympia trainierte.
Valentin Altenburg steht auf dem Spielfeld, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und beobachtet mit kritischem Blick seine Nationalspieler. In der Halle des Mannheimer Hockeyclubs bereiten sich die Stürmer des A-Kaders mit einem Techniktraining auf die Olympischen Sommerspiele in Rio vor. Altenburg schaut genau hin und achtet auf die Spielfertigkeit und Teamfähigkeit jedes Einzelnen. Das eigentliche Training führt ein Spezialtrainer durch, welcher sich ausschließlich mit der Technik der einzelnen Stürmer befasst. „Meine Aufgabe als Bundestrainer ist es, eine erfolgreiche Mannschaft zusammenzustellen. Ich muss schauen, wer in Kombination mit wem seine Leistung am besten entfalten kann, um so ein Team zu entwickeln, das in Rio Ergebnisse liefern kann“, sagt Altenburg. Menschen zu führen und zum Erfolg anzuleiten – das sei sein Beruf.
Seinen Ehrgeiz hat Valentin Altenburg schon sehr früh entwickelt. „Meine Eltern und Geschwister sind absolute Workaholics und auch ich dachte immer, dass ich so sein müsste. Deshalb wollte ich auch der schnellste BWL-Student der Uni Mannheim werden“, sagt er und lacht – denn aus dem schnellen Studium wurden dann doch sechs Jahre, von denen der gebürtige Hamburger jedoch kein einziges missen möchte: „Ich hatte irgendwann erkannt, dass ich Freiräume brauche, um erfolgreich zu sein und besuchte viele Vorlesungen, die mit BWL nicht viel zu tun hatten, zum Beispiel in Psychologie, Geschichte und Anglistik, einfach weil ich es spannend fand.“ Nach dem BWL-Diplom hängte er zudem noch einen kombinierten Masterabschluss in BWL und Recht an der WHU – Otto Beisheim School of Management und der Bucerius Law School dran.
Gleichzeitig war Altenburg während seines Studiums ein sehr erfolgreicher Hockeyspieler. Er spielte beim Hockey Club TSV Mannheim, war Spieler in der deutschen Nationalmannschaft und bestritt zahlreiche nationale und internationale Turniere. Bevor er im vergangenen November vom Deutschen Hockeybund zum Bundestrainer ernannt wurde, war er Trainer der U21-Nationalmannschaft. Seine ersten beruflichen Schritte nach dem Studium machte er jedoch in einem ganz anderen Bereich: Über Teach First, eine Organisation, die Hochschulabsolventinnen- und absolventen an Brennpunktschulen in Deutschland vermittelt, kam er an eine Grundschule in Hamburg, wo er für zwei Jahre unterrichtete.
Wenn er heute von dieser Zeit spricht, ist er voller Enthusiasmus: „Das war die lehrreichste Zeit meines Lebens.“ Nicht zuletzt deshalb, weil der 34-Jährige, dem im Leben alles immer so leicht fiel, dort auch das Scheitern gelernt hat: „Ich ging mit hohen Erwartung ins Klassenzimmer. Dann waren die Kinder aber unmotiviert. Sie hörten mir nicht zu, schauten mich nicht einmal an. Das war hart und ich fühlte mich hilflos. Es gab sogar Momente, wo ich ans Aufgeben dachte. Es war mir nicht neu, dass man sich Vertrauen verdienen muss. Dass diese Kinder aber, von denen viele mit Armut und Gewalt aufwachsen, gar kein Vorvertrauen hatten und ich gegen ihr Misstrauen ankämpfen musste, hat mich sehr berührt.“ Bei Teach First habe er gelernt wie man andere Menschen motivieren kann, das Beste aus sich herauszuholen – Fähigkeiten, die er auch als Hockey-Bundestrainer braucht.
Überhaupt würden viele Dinge, die ihn antreiben, bei diesem Traumjob zusammenlaufen. Zum Beispiel liebe er es, Persönlichkeiten zu prägen und weiterzuentwickeln, kreativ und gestalterisch zu sein und Wettkämpfe erfolgreich zu bestreiten. Deshalb habe er sich sehr darüber gefreut, die Nationalmannschaft für Rio trainieren zu dürfen – auch wenn das bedeutet, weniger Zeit für Frau und Kind zu haben. Lange Auslandsaufenthalte, wie zuletzt in der Hockeyhochburg Indien, wo er eine Saison lang einen erfolgreichen Verein trainierte, mache er zwar sehr gerne, jedoch ziehe es ihn vor allem wegen seiner kleinen Tochter auch schnell wieder zurück nach Hause. „Meine Tochter reist aber auch viel mit. Mit ihren drei Jahren war sie bereits in elf Ländern“, berichtet er stolz. Auch bei den Olympischen Spielen in Rio diesen Sommer wird sie dabei sein. Seine Frau, die erfolgreiche Hockey-Nationalstürmerin Lisa Altenburg, wird dann selbst auf dem Feld stehen.
Wie es für Valentin Altenburg nach Rio beruflich weitergeht, weiß er noch nicht: „Für die Zukunft bin ich relativ offen, ich trainiere ja immer noch die U-21-Auswahl. Es kann auch gut sein, dass ich irgendwann zu Teach First zurückkehre. Mein Lebenstraum wäre es jedoch, eine Schule zu leiten. Ich würde gerne von vielen talentierten Leuten umgeben sein, ihnen den Raum bieten, ihren persönlichen Visionen zu folgen und ihnen dabei als Mentor und Ansprechpartner zur Seite stehen.“
Und auch den Kontakt zu seiner Alma Mater und Mannheim will das ABSOLVENTUM-Mitglied in Zukunft nicht verlieren. „Ich hatte dort so schöne sechs Jahre und komme daher auch gerne nach Mannheim zurück. Besonders die Onkel-Otto-Bar und der Wasserturm gehören dann zu meinem Pflichtprogramm. Ich versuche immer, Kontakt mit den verschiedenen Stationen meines Lebens zu halten.“ Welche Stationen das in Zukunft sein werden, davon lässt er sich überraschen. Die nächste Station ist aber ganz sicher erst einmal Rio.
Juliane Koch