Ein Wiedersehen im Schloss mit ... Borislav Bjelicic

Borislav Bjelicic ist Honorarprofessor für Logistik an der Universität Mannheim und engagiert sich im Vorstand von Absolventum für das kulturelle Angebot der Alumni-Vereinigung und für die Förderung von Start-ups. Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Eine ganze Menge.

Nein, so richtig sorgfältig und mit Bedacht habe er sein Studienfach nicht ausgewählt, damals, als er beschloss, sich an der Universität Mannheim für Betriebswirtschaftslehre einzuschreiben. Borislav Bjelicic, heute 56 Jahre alt, lächelt, als er sich daran erinnert. „Wenn ich sehe, welche Möglichkeiten die Jugendlichen heute haben, sich zu informieren, dann will ich nicht ausschließen, dass ich mit diesen Möglichkeiten etwas ganz anderes gemacht hätte“, gibt er zu. So aber trat er, ohne groß nach rechts und links zu schauen, in die Fußstapfen von Vater und Großvater, um die Kaufmannstradition der Familie fortzusetzen.

Seitdem allerdings hat er ziemlich oft nach rechts und links geschaut, über den Tellerrand hinaus und Richtung Horizont. Und das nicht nur, wenn es um sein Studium ging. „Mir hat BWL von Anfang an großen Spaß gemacht“, erzählt er. Was er besonders spannend fand: „Es gab sehr viele Freiräume. Ich habe viele Vorlesungen besucht, nicht, weil sie prüfungsrelevant waren, sondern weil ich sie einfach interessant fand. Zum Beispiel auch eine über Planwirtschaft.“ Als es im Hauptstudium um die Spezialisierung ging, traf Bjelicic das, was er bis heute eine „Neigungsentscheidung“ nennt: Er wählte – wohlüberlegt - Logistik und Verkehr, in Kombination mit Marketing. Und weil er ein Schüler von Hans Raffée war, ging ihm das Nach-rechts-und-links-Schauen schon bald in Fleisch und Blut über. „Herr Raffée hat seine Studenten immer ermuntert, sich mit Kunst und Kultur zu beschäftigen“, erzählt der in Frankfurt am Main geborene Sohn eines Serben und einer Westfälin, der schon im Jugendzimmer keine Poster, sondern Druckgrafiken, „natürlich welche für kleines Geld“, aufhängte. „Raffée war für mich ein Vorbild, ein Ideengeber und der Türöffner für die Welt der Kultur, die ich dann mit Freude betreten und mir erschlossen habe.“

Die eigene berufliche Karriere, die Borislav Bjelicic mit einigem Understatement als „nicht so spektakulär“ bezeichnet, lässt er im Zeitraffer vorüberziehen: Nach der Promotion im Jahr 1990 heuerte er bei Lufthansa an, zunächst im Bereich Luftpost und später als Projektleiter der Kontraktlogistik. Als sich abzeichnete, dass das Unternehmen diesen Bereich nicht mehr weiterentwickeln wollte, rief zufällig ein ehemaliger Kommilitone an: Ob er sich vorstellen könnte, ins Bankgewerbe zu wechseln? Borislav Bjelicic konnte. Fortan begleitete er 14 Jahre lang in enger Zusammenarbeit mit dem Vorstand und als Direktor Kommunikation den strategischen Wandel der relativ unbedeutenden Deutschen Verkehrs- und Kreditbank hin zur DVB Bank SE, einer international renommierten Spezialbank für Verkehrsfinanzierung.

Der Universität Mannheim blieb er immer verbunden. Forschung sei nicht seine Stärke gewesen, erzählt er. Aber die Lehre, die machte Freude. 1995 wurde er Lehrbeauftragter für Verkehrsbetriebslehre am Lehrstuhl ABWL und Logistik, seit 2001 ist er Honorarprofessor. Von Hans Raffée inspiriert, animiert er seine Studierenden immer wieder zum Blick über das eigene Fachgebiet hinaus. „Die Uni Mannheim macht hier tolle Angebote: Unternehmen stellen sich vor, die Fakultäten bieten Ringvorlesungen an, das Mannheim Forum, von Studierenden unserer Universität ins Leben gerufen, ist eine phantastische Sache“, zählt er auf, stellt aber immer wieder fest: „Natürlich haben Studierende heute mehr Zeitdruck als zu meiner Studienzeit. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass sie diese Angebote noch mehr nutzen – im Sinne ihrer Persönlichkeitsentwicklung.“

Die Tür hält er nun denen auf, die ihm in neue Welten folgen wollen – als Honorarprofessor ebenso wie als Vorstandsmitglied bei Absolventum, das er seit Mai 2016 ist. Die Weiterentwicklung des kulturellen Angebots und die bessere Förderung von jungen Unternehmern sind dort seine Ressorts. Oder vielmehr Herzensangelegenheiten, die er auf gar keinen Fall auseinanderdividieren mag. „Kultur und Wirtschaft sind nicht zwei getrennte Welten“, sagt er und gibt zu bedenken: „Ich würde sogar sagen, dass Künstler und Unternehmer viel gemeinsam haben: zum Beispiel, dass sie beide etwas Eigenständiges erschaffen. Dass sie einen inneren Drang, einen Antrieb zu ihrem Schaffen verspüren. Und dass sie beide große Risiken eingehen. Denn der Unternehmer kann nicht sicher sein, dass er sofort Erfolg haben wird, und der Künstler denkt beim Malen eines Bildes nicht gleich daran, zu welchen Preis er es wird verkaufen können.“

Borislav Bjelicic macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für beide, Künstler und Gründer. „Ich glaube, dass man für beides ein gewisses Gen haben muss, das ich sicher nicht habe“, sagt er lachend, „ich bin eher der klassische Managertyp.“ Als solcher will er bei Absolventum helfen - zum Beispiel, indem er Gründer junger Start-Ups mit gestandenen Unternehmern zusammenbringt.

Über seine Entscheidung, ausgerechnet BWL als Studienfach ausgewählt zu haben, muss er heute nicht mehr grübeln. „Ach, im Nachhinein ist ja man immer schlauer, aber ich denke, dass es für mich richtig war“, sagt Borislav Bjelicic leichthin. Es war ja auch nur der Anfang von allem, die Ausgangsposition für eine Entwicklung, die nicht am Tellerrand endete. Sondern weitergeht, immer noch.

Ute Maag