Die Kick-off-Veranstaltung von ABSOLVENTUM brachte mich im Oktober 2007 zu meiner Begegnung mit meinem späteren Mentor. Es ist wie so oft im Leben: Gleichgesinnte finden sich durch einen siebten Sinn. So möchte ich auch das Zusammentreffen mit meinem Mentor beschreiben, da sich unsere Themen im weiteren Verlauf der Partnerschaft als sehr deckungsgleich herausstellten. Unsere Mentoring-Beziehung stand sowohl unter beruflichen Themen, aber auch unter persönlichen Fragestellungen, die mir zu der Zeit durch den Kopf gingen. Nicht nur ABSOLVENTUM, auch wir beide standen zum ersten Mal vor der Erfahrung des Mentorings. So galt es zunächst, den Raum für die Mentoring-Beziehung zu definieren. Beide von uns bereiteten thematische Fragen vor, die uns vor jedem Gespräch interessierten. Dank des Rahmens, den mein Mentor durch diese „Hausaufgabe“ setzte – wir bereiteten im Wechsel die Gespräche vor –, erhielt ich schnell Zugang zu seinem Erfahrungsschatz. Und dies ist nach diesen eineinhalb Jahren Mentoring auch der m.E. wichtigste Aspekt einer solchen Mentoringbeziehung: Ein Mentor erweitert seinem Mentee den Alternativenraum – er gibt seinen Erfahrungsschatz weiter. Bei mir kam die Erweiterung des Alternativenraums durch Telefonate, die wir in regelmäßigen Abständen hielten, einige persönliche Treffen und Briefe, die mir mein Mentor zusandte. Ein Beispiel, wie der Erfahrungsraum eines Mentees durch den Mentor erweitert wird, ist das im Folgenden beschriebene. Zu den Dokumenten, die mir mein Mentor zusandte, gehörte eine Liste von Unternehmen. Ich konnte ankreuzen, welche dieser Unternehmen ich mir als zukünftigen Arbeitgeber vorstellen konnte. Als ich die Liste durchging, fielen mir zahlreiche Namen entgegen, die ich gar nicht kannte. Als Student der Uni Mannheim hatte ich bis zu dem Zeitpunkt überwiegend von den „Großen“ gehört: McKinsey oder ALDI, BMW oder Bosch. Im Verlauf meines Bewerbungsprozesses – der sich über die Mentoring-Beziehung erstreckte – lernte ich jedoch vor allem die Unternehmen kennen, die zwar nur einen vergleichsweise geringen Bekanntheitsgrad vorweisen, jedoch auch – im Gegensatz zu den Großen – zu mir passten. Dazu gehörten ausländische Unternehmen und Unternehmen aus dem Mittelstand. So brachte mir die Liste, die ich anfangs noch belächelt hatte, eine Erkenntnis: nämlich die, dass die Welt nicht nur aus Großkonzernen besteht, in die man sich einzugliedern hat, sondern auch aus Arbeitgebern, die es ermöglichen, den „Wunschjob“ auszuüben. Schließlich bin ich an der Universität „gelandet“ – ein Ergebnis, das stellvertretend für den Erkenntnisprozess steht, der dank meines Mentors unterstützt wurde.
Da bei der Wahl des ersten Jobs private Fragen oft den Hintergrund zu beruflichen Fragen darstellen, haben die Gespräche mit Herrn Eidebenz auch einen Teil des privaten Aspekts einbezogen. Dabei übernimmt ein Mentor eine andere Rolle als die Eltern. Auch wenn sein Erfahrungsschatz aufgrund der „Lebenserfahrung“ vergleichbar ist, nimmt ein Mentor eine „neutralere“ Rolle ein als dies die Eltern tun. Schließlich erhielt ich einen zusätzlichen Baustein, den mir die elterliche Erziehung – und hier speziell die väterliche – nicht geben konnte. Dies wird ausgedrückt durch einen Satz aus der Rezension von Ravi Unger über das Buch „Männer auf der Suche. Sieben Schritte zur Befreiung“ von Steve Biddulph: „Männliche Erziehung findet, spätestens seit der industriellen Revolution, weitgehend ohne Beteiligung der Väter statt.“ Und hier sehe auch ich die Mentoring-Beziehung als einen entscheidenden Baustein zu einer umfassenden Ausbildung – eine Ausbildung, die sich nicht nur mit der Weitergabe von Fakten-Wissen begnügt – so wie wir es aus den Kursen an der Uni kennen –, sondern eine Weitergabe von den Dingen, hinter die man als junger Mensch noch nicht blicken kann: Man sieht vieles, das man sich aus der eigenen Erfahrung nicht erklären kann – das macht das Leben spannend. Doch manchmal kann es helfen, nicht selbst den Weg der Erfahrung zu gehen. Dieser Weg kann steinig sein. Es ist gut, jemandem zu vertrauen, der sich mit diesem Weg bereits auskennt, weil er ihn bereits gegangen ist.