ABSOLVENTUM-Mitglied Melina Bucher über ihr Mode Start-up 29.09.2020
Unser Mitglied Melina Bucher hat zwei große Leidenschaften: High-End Mode und Tiere. Dass sich diese beiden Welten nicht einfach verbinden lassen, wurde ihr früh bewusst. Seit letztem Jahr ist sie Inhaberin ihres eigenen Startups. Ihre Handtaschenmarke, Melina Bucher, versteht sich als umfänglich veganes und nachhaltiges Unternehmen. Im Interview erzählt uns Frau Bucher von ihren ersten Schritten in die Modebranche.
Wie ist die Idee für deine Marke entstanden? Sie ist eigentlich aus eigener Not heraus entstanden. Ich habe schon immer Luxushandtaschen geliebt und für mich stand beispielsweise schon immer fest, dass ich mir von meinem ersten Gehalt eine Prada Handtasche kaufen möchte. Ich bin dann irgendwann auf einen veganen Lebensstil umgestiegen. Dazu passen natürlich keine Lederhandtaschen. Deshalb habe ich bei den ganzen Luxusbrands nach veganen Alternativen gesucht und bin damals leider gescheitert. Zum damaligen Zeitpunkt dachte ich mir noch, dass die Marken sicher bald vegane Kollektionen herausbringen werden. Dementsprechend habe ich dann drei Jahre lang immer wieder recherchiert und abgewartet, aber sie kam nie. Irgendwann habe ich begonnen die Marken anzuschreiben, aber niemand hatte Lust eine Kollektion rauszubringen, weil es nicht lohnenswert sei. Während meines Masters an der Uni Mannheim habe ich dann viele Enterpreneurship-Kurse am MCEI gemacht.
Wie ging es dann weiter? Dann habe ich mich mit der Textilerei hier in Mannheim in Verbindung gesetzt, ein Startup-Zentrum für textile Unternehmen. Die haben mir wiederum einen Kontakt zu einem Produktdesigner vermittelt, der auch schon selbst als Designer auf der Paris Fashion Week tätig war und sich nun auf Product Development spezialisiert hat. Er hat Kontakte zu verschiedenen Produzenten und stellt die Prototypen selbst her. Ich kann nicht nähen und schon gar keine Handtaschen – das ist viel komplizierter als nur ein T-Shirt zu machen. Meine Designs hatte ich aber schon komplett im Kopf! Wir haben uns zusammengesetzt und ich habe ihm dann genau beschrieben, was ich will und was ich mir vorstelle. Dann ging alles Schlag auf Schlag. Das erste halbe Jahr haben wir uns viel mit dem Design und der Gestaltung der Prototypen beschäftigt. Vor allem wenn man neue Materialien, Kleber und Co. verwendet, dauert der nachgelagerte Prozess lange. Man muss schauen wie die Materialien miteinander funktionieren und ob sie auch langlebig sind. Auf jeden Fall hat es sehr lange gedauert bis meine erste Kollektion produziert war. Ich bin eine Perfektionistin und achte auf wirklich jedes Detail. Bis zu dem Zeitpunkt ging es auch gut nebenher zu arbeiten und zu studieren.
Währenddessen hast du die ganze Zeit studiert? Genau, ich war im Master an der Uni Mannheim. Als dann die erste Kollektion fertig war, standen wir quasi wieder am Anfang, denn jetzt ging es daran, den ganzen Vertrieb und das Marketing aufzubauen. Etwa zu diesem Zeitpunkt habe ich dann entschieden, mich in Vollzeit auf mein Startup zu fokussieren. Was hebt dich von deinen KonkurrentInnen am meisten ab? Vegane Luxushandtaschen – das passt für viele erstmal nicht zusammen. Leder gilt häufig noch immer als Qualitätsmerkmal einer Handtasche. Dabei sind viele der heute entwickelten tierfreien Materialien langlebiger und hochwertiger. Eine Handtasche ist auch nicht unbedingt vegan, weil sie aus Kunstleder besteht. Du musst auf den kompletten Produktionsprozess schauen. In normalen Klebern wird oft Schweinefett verarbeitet und auch in Farben sind oft tierische Produkte als Bestandteile enthalten. Darüber hinaus achten mein Team und ich im gesamten Unternehmen auf tierfreie Produkte. Darunter fallen die Büroausstattung, Verpackungen oder Werbematerialien. Ich war anfangs überrascht, dass viele Anbieter weder vegane Farbe noch Papier verwenden. Schließlich habe ich einen tollen deutschen Produzenten gefunden, der die Flyerproduktion CO2 neutral gestaltet und vegan produziert.
Daneben hat für uns Nachhaltigkeit und Transparenz einen sehr hohen Stellenwert. Natürlich gibt es einige vegane Handtaschenhersteller, aber die meisten produzieren in Asien und die Lieferketten sind intransparent. Wir produzieren ausschließlich in Europa und in kleinen Familienbetrieben mit denen wir in ständigem Kontakt sind. So garantieren wir eine außergewöhnliche Qualität und kurze Transportwege innerhalb unserer Wertschöpfung. Auf unserer Website haben wir zudem eine interaktive Transparenz Landkarte implementiert, die den Konsumenten die Möglichkeit gibt, jeden unserer Wertschöpfungsschritte nachzuvollziehen.
Du bist Teil des Accelerator Programms für junge DesignerInnen und UnternehmerInnen in der Modebranche. Was kann man sich darunter vorstellen? Die Hochschule Reutlingen hat eine ganze Design- und Textilabteilung. In dem Programm, das es erst seit diesem Jahr gibt, werden zum einen BWL-Grundlagen vermittelt. Der größte Teil ist aber der Aufbau eines Netzwerkes aus TextilerInnen. Zudem wird auch in der Materialentwicklung geforscht. Das Programm endet im Dezember, danach werde ich bei ABSOLVENTUM am Mentoring-Programm teilnehmen.
Was war dein bisher größtes Erfolgserlebnis seit der Gründung? Ich würde sagen der größte Erfolgsmoment war, als ich das erste Mal mein fertiges Produkt in der Hand gehalten habe. Ich habe mir den Prozess zu Beginn nicht so nervenaufreibend vorgestellt. Auf dem Weg zum fertigen Produkt haben wir mehrmals das Material gewechselt und die Produktion hat sich immer wieder verzögert, weil wir ein extrem detailreiches Produkt haben und ich erst zufrieden war, als jedes Detail perfekt war. Eigentlich sollte die Kollektion im November fertig sein. Als ich dann Anfang Mai das Produkt endlich in der Hand gehalten habe, wusste ich: es hat sich gelohnt.
Was war deine größte Herausforderung? Wenn man branchenfremd ist, dann ist das definitiv das Netzwerk. Man muss sich an Agenten wenden, die die kleinen Handwerksbetriebe kennen, denn die meisten haben keinen Online-Auftritt. Es war außerdem sehr schwierig einen Produzenten zu finden, da viele nicht mit neuen Materialien oder jungen Unternehmen zusammenarbeiten wollten. Man merkt das jetzt auch im Vertrieb: wenn du keine Kontakte hast, um an die Einkäufer heranzutreten ist es ein hartes Stück Arbeit.
Hast du schon Pläne für die Zukunft? Melina Bucher versteht sich als Wegweiser für eine authentische, nachhaltige Luxusmode. Wir haben viel vor. Ich möchte eine Accessoires-Linie mit Geldbeuteln und Gürteln herausbringen und werde da auf jeden Fall wieder mit neuen Materialien experimentieren. Momentan arbeiten wir außerdem mit einem Startup zusammen, um unsere Lieferkette noch transparenter zu gestalten.. Zukünftig wird jeder Schritt vom Rohstoff bis zum Endprodukt nachweisbar und nachverfolgbar sein. Zudem arbeiten wir an einem Rückholprogramm, um die eingesetzten Materialien am Ende der Nutzung wieder in den Kreislauf zurückzuführen.
Wir bedanken uns bei Frau Bucher für dieses interessante Gespräch und die Einblicke in ihre Unternehmung! Wir wünschen ihr viel Erfolg für die Zukunft.
Text: Selina Mann Fotos: Stephanie Braun
|