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#absolventumTALK mit Dr. Konrad Stockmeier
06.08.2024

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Konrad Stockmeier studierte Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Freiburg im Breisgau, Mannheim und Louvain-la-Neuve in Belgien. Er schloss sein Studium 2003 mit einem Diplom an der Universität Mannheim ab. In seiner Abschlussarbeit untersuchte er die währungspolitische Transformation ausgewählter mittel- und osteuropäischer Beitrittsstaaten zur Europäischen Union. Seit 2010 ist Herr Stockmeier in der Marktforschung und Strategieberatung für Industrieunternehmen in den Bereichen Fahrzeugtechnik, Chemie und Maschinenbau tätig. Im Jahr 1998 trat er der FDP bei und engagierte sich seitdem aktiv in der Partei. Seit 2016 ist er Mitglied des Vorstands des FDP-Kreisverbandes Mannheim und seit Juli 2020 dessen Kreisvorsitzender. Zudem ist er seit 2019 stellvertretender Vorsitzender des FDP-Bezirksverbands Kurpfalz und Beisitzer im Landesvorstand der FDP Baden-Württemberg. Seit 2021 ist Konrad Stockmeier als FDP-Abgeordneter im Deutschen Bundestag aktiv. Dort ist er Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union sowie im Ausschuss für Klimaschutz und Energie.

Für welchen Studiengang haben Sie sich damals entschieden und warum an der Universität Mannheim?

Gerne darf ich einen Schritt zurückgehen und mit meiner ersten Studienetappe beginnen. Damals war das Studium noch in das Vordiplom und das Hauptstudium unterteilt. Im Wintersemester 1997 habe ich an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg mit einem Magisterstudiengang begonnen, wobei mein Hauptfach Politikwissenschaft mit den Nebenfächern Volkswirtschaftslehre und Öffentliches Recht gekoppelt war. Während dieses ersten Wintersemesters entdeckte ich jedoch meine Leidenschaft für die Volkswirtschaftslehre. Daher entschied ich mich zum Sommersemester 1998 in den Diplomstudiengang Volkswirtschaftslehre zu wechseln. Das erste Semester in der Politikwissenschaft habe ich dennoch nie bereut. Der Kurs war äußerst anspruchsvoll und gut gestaltet, was mir einen umfassenden Überblick verschaffte. Letztlich waren es die volkswirtschaftlichen Fragestellungen, die mich so sehr begeisterten, dass ich im Sommer 1998 komplett zur Volkswirtschaftslehre wechselte.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung, Mannheim als Studienort zu wählen?

Das Studium in Freiburg war wirklich angenehm. Es ist eine wunderschöne Stadt, eingebettet in die Euregio mit dem Markgräfler- Land und Basel. Die Fakultät hatte damals ein volkswirtschaftliches Profil, das mein Interesse geweckt hat. Bereits während des Grundstudiums habe ich in Freiburg an einem studentischen Workshop zur Konjunktur mitgewirkt. Dieser erstellte vierteljährliche Konjunkturberichte, die auch in der regionalen Presse Beachtung fanden. Zum Ende der vier Grundstudiumssemester und des Vordiploms entstand in unserer Freiburger Gruppe eine gewisse Wechselstimmung. Obwohl wir uns in Freiburg wohlfühlten, wollten wir gerne andere Teile Deutschlands kennenlernen. Im Frühjahr 1999 bereiste ich daher verschiedene Universitäten und erhielt von einem Freiburger Professor einen wertvollen Rat. Er sagte mir, dass, wenn ich nach vier Semestern noch unentschlossen sei, welche Spezialisierung ich anstreben wolle, ich eine Fakultät wählen solle, die in ihrer gesamten Breite hochkarätig und anspruchsvoll besetzt sei. Diese Fakultät solle mir eine gründliche Ausbildung in den Pflichtveranstaltungen des Hauptstudiums bieten, auf deren Basis ich mich dann spezialisieren könnte. Er empfahl mir Mannheim, und so wechselte ich zum Wintersemester 1999/2000 dorthin. Interessanterweise ergab sich dabei etwas Lustiges: In unserer Freiburger Gruppe hatten wir alle unabhängig voneinander entschieden, an welche Universität wir wechseln wollten. Zum Wintersemester 1999/2000 starteten dann fünf von uns tatsächlich in Mannheim. Ein weiterer kam ein Semester später nach. Bald sprachen auch die Professoren und Assistenten von der „Freiburger Clique". Trotz meiner Wertschätzung für Freiburg habe ich den Wechsel nach Mannheim nie bereut.

Wo kommen Sie ursprünglich her, wenn ich fragen darf?

Ich bin ein südwestdeutsches Gewächs und habe meine ersten zehn Jahre in Tauberfranken, in Wertheim am Main, verbracht. Ich stamme aus einer evangelischen Pfarrfamilie, die oft umzog. Mein Vater wechselte im Januar 1988 von der nördlichsten Kirchengemeinde der Evangelischen Landeskirche in Baden, in Bestenheid, einem Vorort von Wertheim, nach Konstanz, wo er Dekan des evangelischen Kirchenbezirks wurde. Im Frühjahr 1988 zogen wir daher an den Bodensee. Ich bezeichne mich gerne als ein sehr badisches Gewächs. Die ersten zehn Jahre meines Lebens verbrachte ich im nordöstlichsten Zipfel Badens. Anschließend lebte ich am Bodensee. Obwohl ich mir durchaus hätte vorstellen können, zum Studium außerhalb Baden-Württembergs zu gehen, blieb ich mit den Universitäten in Freiburg im Breisgau und später Mannheim im Ländle. Meine Eltern zogen später aus beruflichen Gründen in den Großraum Karlsruhe, den ich dadurch ebenfalls gut kennenlernte. Wenn mich jemand nach meiner Heimat fragt, ist es Baden, obwohl ich auch starke fränkische Wurzeln und ein Viertel Hannoveraner in mir habe. Wenn man mich fragt, wo ich mich zu Hause fühle, dann ist es tatsächlich Mannheim. Seit meinem Wechsel ins Hauptstudium 1999 habe ich bis heute immer wieder in Mannheim gelebt. Als ich 2010 aus beruflichen Gründen wieder in die Kurpfalz zurückkehrte, erhielt ich ein spannendes Jobangebot in Weinheim an der Bergstraße. Die Entscheidung, wo ich wieder hinziehen würde, dauerte etwa 60 Sekunden. Ich entschied mich wieder für Mannheim. Diese Stadt, mit all ihrer Vielfalt, Lebendigkeit und Entwicklung, hat mich immer angezogen. Ich mag den Menschenschlag hier sehr und bin daher 2010 zurückgekehrt. Mannheim ist meine Wahlheimat geworden.

Wie ging es denn direkt nach Ihrem Studienabschluss hier in Mannheim weiter?

Im Sommer 2003 war ich Teil eines Erasmus-Programms der Fakultät für Volkswirtschaftslehre, was sich als eine der besten Entscheidungen meines Hauptstudiums herausstellte. Während meiner Schulzeit hatte ich Französisch gelernt. Da ich während eines Schüleraustauschs in der Umgebung von London war und wir selten in Frankreich Urlaub machten, wollte ich meine Französischkenntnisse durch das Erasmus-Programm aufbessern und fließend in der Alltagssprache werden. Das Austauschprogramm führte mich nach Louvain-la-Neuve in Belgien, wo die meisten Kurse auf Englisch abgehalten wurden. Ich bemühte mich jedoch, mich in das lokale studentische Umfeld zu integrieren, um wirklich Französisch zu lernen. Dies gelang mir durch die Teilnahme an studentischen Initiativen vor Ort, was mir bis heute in meiner beruflichen Tätigkeit im Bundestag und als Abgeordneter zugutekommt. Das Dekanat der Universität Mannheim hatte das Austauschprogramm hervorragend organisiert. Die Fakultäten, mit denen die Kooperation bestand, wurden sorgfältig ausgewählt, um sicherzustellen, dass die Lehrveranstaltungen den hohen qualitativen Ansprüchen Mannheims entsprachen. Die im Ausland erbrachten Leistungen wurden bei der Rückkehr nach Mannheim anerkannt, was mir ermöglichte, scheinfrei zu sein und nur noch meine Diplomarbeit vor mir zu haben. Im Jahrhundertsommer 2003 schrieb ich meine Diplomarbeit in meiner Studentenwohnung in den Mannheimer Quadraten. Nach Abschluss des Diploms arbeitete ich an zwei Hochschulen in Nordrhein-Westfalen als Assistent an Lehrstühlen in Lehre und Forschung. Zunächst war ich von 2003 bis Mitte 2005 an der Fernuniversität Hagen tätig. Diese Position war mit einem Forschungsprojekt des damaligen Lehrstuhlinhabers in Kooperation mit dem Internationalen Währungsfonds verbunden, welches die Fiskalpolitik der neuen mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten untersuchte. Im Jahr 2005 wechselte ich an die Rheinisch-Westfälisch-Technische Hochschule (RWTH) Aachen. Dort sind Volkswirte eher selten anzutreffen, da man Volkswirtschaftslehre nicht als Vollstudium belegen kann. Dennoch spielt sie eine wichtige Rolle für die betriebswirtschaftlichen Studiengänge und die Wirtschaftsingenieurwissenschaften. Diese Position ermöglichte mir den Austausch mit einer vielfältigen Studierendenschaft, einschließlich TechnikerInnen. Dies waren meine ersten beruflichen Stationen nach dem Diplom.

Was hat Sie dazu bewogen, in die Politik zu gehen?

Meine ersten Berührungspunkte mit der Politik hatte ich als Teenager durch die Zeitungslektüre. Am Frühstückstisch in Konstanz begann ich, die dortige Tageszeitung, den Südkurier, zu lesen. Diese Zeitung bot auf ihren Wirtschaftsseiten immer wieder Gastbeiträge von Professoren der volkswirtschaftlichen Fakultät der Universität Konstanz. Diese Artikel waren nicht nur gut lesbar, sondern vermittelten auch interessante Gedankengänge und Argumentationsstränge, die mein Interesse für Wirtschaft und Politik weckten. Einer der Autoren, die mich besonders faszinierten, war Wolfgang Franz, damals Professor an der Universität Konstanz. Seine Beiträge hinterließen einen nachhaltigen Eindruck bei mir. Mein politisches Interesse führte mich 1997 zu den Jungen Liberalen, der Jugendorganisation der FDP. Ich betone oft, dass mein Weg zur FDP keine politische Liebesheirat war. Vielmehr war es das Ergebnis eines Vergleichs der Standpunkte verschiedener Parteien. Die Positionen der FDP erschienen mir dabei oft als die vernünftigsten, weshalb ich mich für diese Partei entschied.

Es gibt auch persönliche Gründe, die meine Entscheidung für die FDP beeinflussten. Meine Familie hat tiefe Wurzeln im Oberfranken, in der Nähe der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. In den frühen 1980er Jahren knüpften meine Eltern eine Freundschaft mit einer christlichen Familie in der damaligen DDR, um diese zu unterstützen. Zudem hatte ich in meiner Gymnasialklasse in Konstanz einen Mitschüler, der kurz vor dem Mauerfall mit seiner Mutter aus Potsdam in den Westen gekommen war. Diese persönlichen Erlebnisse machten den Fall des Eisernen Vorhangs, den Fall der Berliner Mauer und die Wiedervereinigung für mich als 12- bis 13-Jährigen besonders greifbar und intensiv. Im Sommer 1998 war ich 21 Jahre alt und habe zum ersten Mal aktiv an einem Wahlkampf der FDP teilgenommen. Das war während der Bundestagswahl, bei der die schwarz-gelbe Koalition von Helmut Kohl und Klaus Kinkel abgewählt wurde und Gerhard Schröder und Joschka Fischer an die Macht kamen. Interessanterweise war ich zu diesem Zeitpunkt noch kein FDP-Mitglied. Ich erinnere mich an eine kalte Nacht im Oktober oder November, als ich nach einer Studentenparty in Freiburg zu meinem Wohnheim ging. Auf einer Brücke über die Bahngleise hatte ich einen klaren Moment und dachte mir: „Wenn du schon im Wahlkampf für diese Partei aktiv bist, kannst du ihr auch beitreten." So trat ich 1998 der FDP bei. Als Abgeordneter der FDP im Deutschen Bundestag liegen meine Kernthemen vor allem in den Bereichen Europapolitik und Klimaschutz. Ich bin Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, der grundgesetzlich verankert ist und somit in jedem neu gewählten Bundestag existieren muss. Zudem bin ich Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Der Auswahlprozess für die Ausschussmitgliedschaften innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion war 2021 sehr transparent. Man konnte Präferenzen angeben und es wurden intensive Gespräche geführt, um die beruflichen Hintergründe und besonderen Interessen der neuen Mitglieder zu ermitteln. Meine erste Präferenz war der Wirtschaftsausschuss, da mich Handelsfragen sehr interessieren. Als Zweitpräferenz wählte ich den Ausschuss für Klimaschutz und Energie, da ich dachte, es sei ein zukunftsträchtiges Thema. Im Dezember 2021 wurde dann klar, dass ich die FDP im Ausschuss für Klimaschutz und Energie vertreten würde. Zusammen mit meinem Hamburger Kollegen Michael Kruse betreue ich dort energiepolitische Themen. Dass die Energiepolitik in dieser Legislaturperiode durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine so sehr in den Fokus rücken würde, war damals noch nicht absehbar. Dennoch empfinde ich es als große Ehre und Privileg, in einem so wichtigen Politikbereich mitgestalten zu können. Die Arbeit in diesem Ausschuss ist intensiv und abwechslungsreich, und ich freue mich über die Möglichkeit, aktiv an Gesetzen mitzuwirken und neue Herausforderungen zu meistern. Meine Rolle im energiepolitischen Bereich ist besonders arbeitsintensiv. Dennoch achte ich darauf, dass die Europapolitik nicht zu kurz kommt, da ich fest davon überzeugt bin, dass eine klimaneutrale Energieversorgung am effizientesten in enger Zusammenarbeit mit unseren europäischen und freiheitlichen Partnern weltweit erreicht werden kann. Die Bedeutung meiner Arbeit spiegelt sich in der Tatsache wider, dass ich bereits meine 50. Rede im Plenarsaal des Deutschen Bundestages gehalten habe. Diese hohe Zahl an Reden in meiner ersten Legislaturperiode zeigt, wie oft energiepolitische Themen auf der Tagesordnung stehen.

Wie sehen Sie die Rolle von Universitäten in der Vorbereitung der Studierenden auf die Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes?

Die Beantwortung dieser Frage ist nicht ganz einfach, denn das Studium hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. In Gesprächen mit Studierenden nehme ich wahr, dass heute vieles anders abläuft. Zu meiner Zeit war das Studium größtenteils analog. Die Digitalisierung steckte noch in den Anfängen, und PowerPoint-Folien wurden kaum genutzt. Vieles wurde noch handgemacht, was auch seine Vorteile hatte. Trotz dieser Unterschiede gibt es grundlegende Gemeinsamkeiten. Wenn ich auf mein Studium in Mannheim zurückblicke, ist die direkte Übertragbarkeit der wissenschaftlichen Inhalte auf meine heutige Berufstätigkeit nicht immer sofort erkennbar. Dennoch war die intellektuelle Herausforderung, den Horizont zu erweitern und volkswirtschaftliche Modelle aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, äußerst wertvoll. Diese Fähigkeit, in Szenarien zu denken und unterschiedliche Ansätze zu konzipieren, sind Meta-Fertigkeiten, die in der beruflichen Laufbahn von großem Nutzen sein können. Die Vorbereitung auf das Berufsleben durch ein Universitätsstudium muss nicht immer direkt und unmittelbar erfolgen. Universitäten sollten sich bewusst von einer beruflichen Ausbildung unterscheiden. Diese Unterscheidung ist wichtig und gerechtfertigt. An die Studierenden gerichtet: Lasst euch nicht entmutigen, wenn ihr euch an manchen Inhalten die Zähne ausbeißt und denkt, dass ihr diese nie wieder brauchen werdet. Die Denkmuster, die ihr dabei entwickelt, die Flexibilität und die analytische Anstrengung werden euch beruflich weiterbringen, mehr als ihr vielleicht denkt. Diese Herausforderungen zu meistern, ist Teil des Studiums. Es ist wichtig zu erkennen, dass ein Hochschulstudium keine Pflicht ist. Jeder sollte den Mut haben, seinen eigenen Weg zu finden. Der Handwerkermangel ist real und eine berufliche Ausbildung kann ebenso erfüllend und erfolgreich sein wie ein akademischer Weg. Es gibt keine festen Pfade und es ist immer möglich, den eingeschlagenen Weg zu ändern. Erwerbsbiografien verlaufen heute oft anders als vor 20 oder 30 Jahren. Daher ermutige ich alle: Findet euren eigenen Weg und geht ihn zuversichtlich.

Was hat Sie denn dann dazu bewegt bei ABSOLVENTUM Mitglied zu werden?

Ich gestehe in diesem Podcast offen zu, dass ich ein passives Mitglied von ABSOLVENTUM bin. Dies hat sich ergeben, da ich in den 2000er- und frühen 2010er-Jahren sehr intensiv in der Partei engagiert war und zudem in einem Chor in Heidelberg aktiv war. Dennoch stand für mich nie zur Debatte, meine Mitgliedschaft bei ABSOLVENTUM aufzugeben. Ich fühle mich meiner Alma Mater nach wie vor sehr verbunden. Deutschlandweit habe ich immer wieder erlebt, dass ein Abschluss der Universität Mannheim ein echter Türöffner in der beruflichen Laufbahn ist. Dies und meine Verbundenheit zur Stadt und ihren Menschen haben dazu geführt, dass ich ABSOLVENTUM stets treu geblieben bin. Das Netzwerk bietet hervorragende Möglichkeiten. Als Abgeordneter wurde ich auch zu verschiedenen Veranstaltungen eingeladen und konnte den speziellen ABSOLVENTUM-Spirit hautnah erleben. Das ist großartig und lebendig, weshalb ich aus voller Überzeugung seit meinem Studienabschluss Mitglied bin und dies auch bleiben werde.

Welche Bedeutung haben andere Netzwerke in Ihrem Leben?

Netzwerke spielen in meinem Leben eine wichtige Rolle. Man sollte kein Einzelkämpfer sein, da man gemeinsam mehr erreicht als allein. In der Politik sind Netzwerke essenziell, aber auch im privaten Bereich sind sie von großer Bedeutung. Netzwerken bedeutet, mit anderen in Kontakt zu treten und sich auszutauschen, wie man sich gegenseitig unterstützen kann. Netzwerke können auch privater Natur sein. Von 2011 bis 2017 war ich Mitglied in einem Heidelberger Chor, was ein privates Netzwerk geschaffen hat, das mich bis heute trägt. Für unsere ZuhörerInnen möchte ich betonen, dass es wichtig ist, mehrdimensional zu netzwerken – beruflich und privat. Sei es in der Politik, im Klimaschutz oder im sozialen Engagement, die Vorteile eines Netzwerks zeigen sich oft erst Jahre später und entfalten sich auf vielfältige Weise. Als ich nach Berlin kam, was etwa die Hälfte des Jahres ausmacht, war es äußerst wertvoll, dort auf zwei, drei gute Freunde zu treffen, die ich während meiner Studienzeit in Freiburg und Mannheim sowie als Stipendiat der Friedrich-Naumann-Stiftung kennengelernt hatte. Obwohl man sich durch berufliche Entwicklungen zeitweise aus den Augen verliert, ist es bereichernd, wenn man Jahre später wieder anknüpfen kann und merkt, dass diese Verbindungen immer noch bestehen. Solche Netzwerke sind nicht nur beruflich, sondern auch menschlich von großem Wert.


Welchen Rat oder Tipp haben Sie für die Studierenden?

Wir leben in einer Zeit größter Herausforderungen, die einen manchmal fast verzweifeln lassen. Besonders seit dem Februar 2022, als der schreckliche Krieg Russlands gegen die Ukraine begann, sind die Anforderungen an unsere innere und äußere Sicherheit enorm gestiegen. Hinzu kommt die große Aufgabe, den Klimawandel zu bekämpfen und uns angemessen darauf einzustellen. Wir erleben auch eine Zeit großer gesellschaftlicher Spannungen. Die extremistischen Ränder werden stärker, obwohl es in der Mitte des politischen Spektrums, wie ich finde, genügend Auswahl gibt. In solchen Momenten möchte man manchmal fast verzagen. An die Studierenden möchte ich daher appellieren: Tut es nicht, ihr müsst nicht verzweifeln. Unterschätzt nicht eure Gestaltungsmöglichkeiten angesichts dieser Herausforderungen. Hier zeigt sich auch der liberale Gedanke: Es geht um euch als Individuen. Der Liberalismus steckt euch nicht in Schubladen, basierend auf eurer Herkunft oder dem Klang eures Namens. Er nimmt euch ernst und will, dass ihr euer Leben selbstbestimmt und frei gestaltet. Meine Botschaft ist daher: Unterschätzt nicht, wie wirkmächtig ihr seid. Das beginnt im Sportverein vor Ort, in einer Bürgerinitiative für bürgernahe Energieerzeugung, in der Hilfe für MigrantInnen in eurem beruflichen Umfeld. Auch hier an der Universität, in all eurer Vielfalt, zählt jede Anstrengung. Demokratie bedeutet, dass nicht alles von oben verordnet wird, sondern dass es euer Land und eure Zukunft ist. Lasst euch von den großen Herausforderungen nicht entmutigen. Eure Gestaltungsmöglichkeiten sind größer, als ihr denkt. Wenn wir in all unserer Vielfalt mit unseren unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten zusammenstehen und gemeinsam anpacken, können wir diese Welt verbessern. Ein großes Wort, aber ich bin fest davon überzeugt, dass es machbar ist.

Das Interview ist auch hier als Podcast auf Spotify verfügbar.

Interview und Bearbeitung: Simone Fioretto, Ilja Borisow
Foto: Oskar Weiß

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